Als ich während der Leipziger Buchmesse in der WG von Freundinnen-Schwester wohnte, fragte Freundinnen-Schwester, ob ich was in ihr WG-Wohnzimmer malen wollte und ich wollte:
Es war mein erstes mal mit echter Farbe, abgesehen von der Aufnahmeprüfung zur FOS damals als ich noch ein 15jähriger Springinsfeld war und diesem vandalenhafte Exzess inmitten einer wüsten Nacht in Mainz, als ich volltrunken mit einer Meute nicht minder beschwipster Trunkenbolde die komplette Galerie unserer Gemeinschaftsausstellung mit besoffenen Schmierereien besudelte. Die Aufnahmeprüfung war jedoch Grundschul-Wasserfarbe auf A4 (Druckerpapier) und die besoffenen Schmierereien in der Galerie waren auch wirklich nur besoffene Schmierereien, von daher nichts auch nur annähernd vergleichbares.
Nachdem mir kurz der Gedanke kam, dass strg+z im reallife nicht funktioniert, stand ich versunken in Vergrübelungen über die effizienteste Heransgehensweise und einen strukturierten Workflow, sowie die sinnvollste Materialwahl gefühlte 20 Minuten vor der Wand, kam mir grüblerisch vor, merkte, dass ich eh keine Ahnung hatte und im Grunde auch nur pseudogrübelte, weil ein kleiner Mob schaulustiger in meinem Rücken erwartungsvoll flätzte und fing einfach an mit Edding drauf los zu zeichnen.
Das Lineart ging mir trotz der Größe recht locker von der Hand und da ich aufgrund von vernünftiger Risikokalkulation und potentieller Schadensbegrenzung sowieso in meiner Comfortzone bleiben wollte, konnte ich auch ohne Planung, Vorzeichnung oder sonst ein okkultes Brimborium drauf los wuseln, es laufen lassen und gespannt sein, was geschieht.
einfach draufloswuseln
(Mit frisch gewuseltem Blackart aus Darmstardt)
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fertiges Linework mit Maßstabshund, der halb Hund, halb Affe, halb James Cameron ist |
Am intensivsten und krassesten war dann dieser Moment, als ich mit Baumarktfarben (A) vor riesigem Lineart (B) stand und mir nur dachte, dass ich (A) jetzt irgendwie mit (B) kombinieren muss und das auch noch in einer Art und Weise, die bestmöglich nicht total scheisse aussehen sollte.
In meinem Kopf fühlte sich das ein bisschen so an, als wäre ich total behaart, halbnackt und würde in ranzigen Fellen eingehüllt voll grunzigem Sabber vor der Wand sitzen, während ich die ungeöffneten Farbflaschen immer wieder wie einen Faustkeil gegen die Wand schlage.
Mir war klar geworden, dass ich (gerade für das erste mal) vor einem relativ großen, komplexen Lineart stand und nada-nix wusste. Nix wie verhält sich überhaupt ein Pinsel und die dazugehörigen Farbbatzen, nix wie mischt diese Batzen überhaupt und nix mal wisski, dass man die normalerweise mit Wasser verdünnt weil dann alles einfacher like 1000 ist und erst recht nix wissen wie malt man denn überhaupt, ohne jedes einzelne Kleidungsstück einzusauen, dass man dabei hat?
Kurzum: Mir ging ziemlich der Kackstift, das alles so richtig Kindergarten-Fingerfarbmäßig zu versauen und dafür verantwortlich zu sein, dass sich die WG-Bewohner aus Angst um ihr Augenlicht nicht mehr aus ihren Zimmern trauten und zu pickligen Cybernerds werden, die ihre Hunde in kleine, selbstgezimmerte Hundeklos kacken lassen.
Nachdem ich die Bohne als (vielleicht nicht optimal plazierte, weil visuell sehr zentrale) Test-Area missbrauchte und dabei merkte, dass ich mit der Kartoffelbrei-artigen Farbe alles hart verkacken würde, fing ich auf einen Wink des großartigen Arturo Fastoni hin an, die Farben mit Wasser zu verdünnen Von da an lief - überraschenderweise - alles wie von selbst.
Bis zu besagtem alles-läuft-von-ganz-alleine-Groove, der mit dem colorieren des Bildes begann. Ich weiss nicht wieso, aber es fiel mir fast beängstigend leicht und hat sich angefühlt, als hätte ich's schon sieben mal gemacht.
Pinselführung, Lasuren, Farben mischen, den Farbton und die richtige Dicke der Pampe treffen, die Vorhergehensweise an sich, der Workflow, die Reihenfolge, sowie der ganze Kosmos aussenrum, der beim digitalen malen komplett wegfällt, wie Gefässe zum mischen organisieren, Pinsel sauberhalten, Lappen haben, Yoga-artig in allen möglichen positionen malen und blablabla, es hat einfach alles Sinn ergeben und sich klar und logisch angefühlt. Ich musste kaum nachdenken, sondern hab alles einfach aus dem nichts heraus gefühlt.
Es war für mich das genaue Gegenteil von Dingen wie "den Schreibtisch ordentlich halten", "selbstständig Termine organisieren" oder Skateboard fahren. Denn obwohl ich skaten liebe und es tue, seit ich 13 bin, kann ich kaum was und bin grotten-olm-Peter in der Pipe (ich kann nicht mal Pipe fahren). Da ist einfach nichts. Die Füße fühlen ins Leere und das Hirn checkt irgendwie garnix.
Das war der Moment, in dem ich verstanden (und erfahren) habe, was Talent bedeutet und das erste mal in meinem Leben, in dem ich spürte und mir selbst gegenüber eingestand, dass ich fürs malen wohl schon ein bisschen was davon habe.
Gerade das analoge Wuseln und das meistern dieser unbekannten Herrausforderung war für mich eine unglaublich wichtige, sehr schöne Erfahrung und ich hab hart viel dabei gelernt oh ochsenziehmer!
Zum Abschluss noch ein Bild von mir mit Schnorres:
When i visited some Friends for a week, they asked me if i would like to paint something in their livingroom and yes, i liked to. (:
This was my first attempt in doing something with real paint ever and after finishing the Lineart (which wasn't a big deal at all and was done without any planning, sketch, asking the oracle for a miracle or other occult stuff ) i was really frightened to add the paint, cause i had no experience with the real stuff and expected to destroy like everything in some kind of apocalyptic kindergarten-fingerpaint-rush.fortunately everything worked out surprisingly better then everyone of us dared to dream of!
It was so much fun and satisfying and i learned that much and oh gosh, life is beautiful! (: