"Oh Würmermann.
ein Wuselmann, der alles kann."
Mit diesen bedeutungsschwangeren Worten, deren ethnische Tragweite schwerer wiegt als das bleierne Joch knüppeldicker Wolkendecken beginnt der epische Jahrtausendroman "Donnerlittchen, mir wuselt derKopf" des Ungarer Literaturtitanen Mettkow Metti, um den es hier aber garnicht geht.
Es geht um Gewusel allererster Güte und - oh meine Güte - Wusel Wusel Gütersloh.
Viel treffender kann ich die neueste Zusammenarbeit zwischen mir und
Amadeus dem Guten nicht beschreiben, denn was wir im Laufe der letzten Woche gemeinsam fabriziert haben ist wahrlich und wahrhaftig wuselig. Wann immer das Thema einer seiner Plakat-Aufträge bedäppert genug scheint, wendet sich der gute
Amadey an mich, um im homogenen Ringelrein mit meiner Bedäpperthaftigkeit Bedäppertes zu schaffen und an meinem Blumenkohlohr zu naschen.
Thema des Plakats war "Zappel du Wurst", was auf einer Skala von eins bis bedäppert mal mindestens honky tonky funky Monkey ist und den perfekten Nährboden für gemeinsame Schelmereien abgibt.
Da ich die letzten Wochen und Monate die meiste Zeit für Jobs gepinselt habe, war dieses Plakat die gottgleiche Gelegenheit mal wieder richtig krass auszurasten, harten Crack zu wursten, den eigenen Weg zu gehen und dafür sogar einige Cashmäuse abzustauben*
Ich hatte eine Vision. Einem zutiefst persönlichen, inneren Trieb entspringend hatte ich ein glasklares Bild vor Augen, dass es umzusetzen galt und dessem Umsetzung mir schon beim Gedanken daran Aufregung und energische Vorfreude ins Steiß pulste**: ein Kerl, der ne Wurst umarmt. Aber in übertrieben und überhaupt. Der Typ sollte ich sich in surrealen Übertreibungen auflösen, die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung ausloten und sich einem psychedelischen Knotenmuster gleich wie die abstrahierte Assoziation eines abstrahierten Typen um die Wurst wuseln. Es sollte die in Strudeligkeit gelöste Essenz eines Typen sein.
Nun zeige ich erstmal das fertige Ergebnis ohne Typo. Im Anschluss werde ich noch ein bisschen über den Prozess, sowie irgendwas anderes sinnieren und das Wort "herumfuhrwerken" benutzen.
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Natürlich gibt es kein jahmadeus-Plakat ohne Typo, schließlich haben die Dinger neben Gaudi-Spaß, Selbstverwirklichung und dem zerdröseln geistiger Stricke auch einen offiziellen Zweck. Wer also geneigt ist, sich das Spektakel plus Typo anzuschauen, klickt auf Herr Knarre, der aus dubiosen Gründen merkwürdig verdreht ist:
und wie immer ist auch ein Flyer mit von der Partie, den ich als Gegengewicht und Atempause ganz ruhig und gesittet angelegt habe:
se Prougress:
Eigentlich begann alles mit
Dirk Schulz, vorallem mit seiner
Sailor Moon. Ich hab seine Fähigkeiten, Darstellungen jenseits von konventionellen Wahrnehmungsschemata zu arrangieren, hart gefeiert, war begeistert von der geistigen Elastizität, Formen und formale Zusammenhänge derartig flexibel und ungewohnt neuartig zu verdrehen und alles gummitwist-artig ineinander zu verknäueln, dachte mir aber, dass ich das mit ein bisschen Wagemut und einer Priese aufmüpfigem Scheiss-drauf auch könnte und fragte mich, warum ich überhaupt noch nie so tapfer übertrieben habe.
Die Sehnsucht nach einer Chance für diese Expansion meines gestalterischen Horizonts köchelte beständig und lau in mir, bis das Wurstplakat als Zunder diente und alles explodierte.
begonnen hat alles mit dieser unglaublich
hässlichen Skizze, für die ich mich zwar schäme, welche aber auch lediglich dem Zweck diente, dem Amadeus gekoppelt mit großspurigen, ehrfürchtig motivierten Bombardements im Facebook-Chat die Essenz des Vorhabens rüberzubringen.
Wie nicht anders gewohnt, wusste der gute
Amadeus Wuselmann prompt wie der Hase läuft und erwuselte aus der drastisch verkackten Erstlingsskizze einen soliden Mittelstandsentwurf***, auf dessen Basis es mir möglich war, alles wie verrückt auf die flächige Detaildichte vollzuwuseln, wie ich es während mir während meiner Visionen erträumt hatte. Besonders hier wurde mir extrem stark bewusst, wie unfassbar wertvoll die kreative Zusammenarbeit mit einem guten Kerl ist, denn ich glaube, dass ich als Einzelpimpf niemals nicht diesen Wuselgrad erreicht hätte, wenn ich nicht auf den Schultern von Amadeys gestanden wäre, die wiederrum auf meinen Schultern standen, was ziemlich gut verkörpert, wie vertrackt die Sache war. Das gedankenlose, völlig assoziative anreichern der Skizze mit Details und Blödsinn war einer der kostbaren und seltenen Momente, in denen ich ganz und gar mit Allem im Reinen war, in dem ich punktgenau auf den Millistöpsel**** tat, was zu tun ich berufen war und ohne Hast und Sorge Stunden damit verbrachte, einfach nur da zu sein und im dichten Gestrüpp der kaleidoskopisch verwundenen Gliedmaßen flanieren zu gehen.
auf dem Gedöns hat der Amadey dann eine Ink-Achterbahnfahrt gestartet, die nach eigenen Angaben "brlg! brlg! brlg!" war und Stimmen aus dem Volk zufolge mit "Wo issen da n Gesicht?", "Leute die das sehen, werden nurnoch im Wald leben. Aus Respekt." oder "Scheisse, jetzt aber!" betitelt wurden. Ich glaube mir einbilden zu dürfen, dass mein grenzgängerisches Gewirbel den sonst so aalglatten und abgebrühten Duktus-Großmeister und Lineweight-Wallach
A. Waltenspühl ins Schwitzen gebracht und über den Rand seiner riesengroßen Comfort-Zone gepiesackt hat. Was aber schön ist, der ist so gut, der braucht auch mal Herausforderungen, die härter sind als Schuhe binden oder Motorräder und Fliegen inken.
Da seine Inks teils hastig und meine Ansprüche teils krankhaft hoch waren, verbrachte ich noch emsige Stunden damit am Lineart herumzufuhrwerken und manisch, fast fanatisch fleißig am Flow zu feilen. Ich hatte einfach das alles beherrschende Bedürfnis alles in meiner Macht und meinen bescheidenen Fähigkeiten stehende in dieses Werk zu kanalisieren. der langen Lehrzeit meines Lebens ein Denkmal zu setzen, eine Momentaufnahme meiner Gebündelten Fähigkeiten zu manifestieren und als beständig als möglich am Limit meines Könnens zu arbeiten.
Schlußendlich fehlte dem unglaublich dichten, kaum lesbaren Lineart noch die Farbe, der die unglaublich gewichtige Pflicht oblag, zu klären, zu strukturieren und auch in Strudeligkeit ungeschulten Probanden halbwegs deutlich zu machen, was los ist. Wir hatten zwar nie den Anspruch auf eine unmittelbare Leserlichkeit sondern wollten - ganz im Gegenteil - einen tiefen, mehrstöckigen, unkomfortablen Organismus schaffen, der vom Menschenhirni nicht ganzheitlich gefasst werden kann, sondern mit wachem Auge beäugt und aufmerksam zusammenklabustert werden sollte. Wie eine Spielwiese, auf der der Betrachter sich tummeln, wundern und verwirrt sein kann.
Das merkwürdige war, dass ich genau wusste, wie die Farben zu sein hatten, aber die unüberschaubare Komplexität des Motivs mir die Sicht auf den Einstieg vernebelte und ich erstmal absolut nicht wusste, wie ich da hinkomme. Glücklicherweise habe ich mich durch ein Dickicht von offenen, unvoreingenommen Experimenten und Versuchen hindurch recht rasch zu dem Pfad durchschlagen können, der mich letztendlich und nach vielen vielen Stunden und noch mehr noch mehr Stunden peniblem Rumgecleane zu dem Endergebnis führte, was oben bestaunt, bekrittelt oder schlichtweg neutral und analytisch besehen werden kann.
Für mich war das Plakat eine regenerierende Rückkehr auf meinen ganz eigenen, ungefilterten und uneingeschränkten Weg und gleichwohl eine rauschende Weiterreise in größere, mutigere Gefilde meines gestalterischen Wagemuts in vielerlei Hinsicht. Ich habe viel gelernt und war selten so bezirzt und niemals zuvor so berauscht von einem Bild. besessen von Wurst, quasi.
Zu guter Letzt möchte ich mich noch gänzlich aufrichtig für das unschätzbar wertvolle Privileg bedanken, mit einem so fähigen Knaben wie dem Amadey zusammenwursten zu dürfen.
Danke, du Guter! :)
*für die Strudelkasse
** So muss sich Hildegard von Bingen gefühlt haben, als sie auf die Idee kam, Erde zu essen.
*** klingt schlau und ernst.
**** Einheit, in der mit-sich-selbst-und-dem-Universum-im-Reinen-haftigkeit gemessen wird